Kalte dunkle Materie - ein heisses Thema
Dr. Asmus Böhm
Astrophysikalisches Institut Potsdam
Im Verlauf der letzten zwei Dekaden hat eine wachsende Zahl von
astrophysikalischen Beobachtungen Hinweise darauf geliefert, dass der
grösste Teil der Materie im Kosmos 'dunkel' ist, d.h. im Gegensatz z.B. zu
Sternen oder Gasnebeln in keinem Bereich des Wellenlängenspektrums
sichtbar ist. Diese 'Dunkle Materie' kann daher nur indirekt über die
Schwerkraft nachgewiesen werden, die sie auf den sichtbaren Teil der Materie
ausübt. Zwar weiss bis heute niemand, woraus Dunkle Materie besteht;
insofern ist sie nach wie vor nur ein Modell, eine Art 'Arbeitshyphothese'.
Die theoretischen Vorhersagen, die auf dem Konzept der Dunklen Materie
basierten, waren jedoch in der Vergangenheit derart erfolgreich, dass man
sie als ein Paradigma der modernen Astrophysik bezeichnen könnte.
Eng verknüpft mit Dunkler Materie ist die Vorstellung von einer
'hierarchischen' Strukturbildung im Kosmos: eine grosse Galaxie wie unsere
Milchstrasse bestand demzufolge einmal aus vielen kleineren Galaxien, die
im Laufe der Jahrmilliarden zu einem einzigen Sternsystem verschmolzen.
Dieses auch für die grössten beobachtbaren Strukturen - Galaxienhaufen
und Super-Galaxienhaufen - sehr erfolgreiche Modell ist nun durch jüngste
Beobachtungen in Schwierigkeiten geraten. Noch ist nicht klar, ob nur die
gegenwärtigen Computersimulationen verbessert werden müssen, oder ob gar
das ganze Konzept der Dunklen Materie änderungsbedürftig ist.
Anhand sowohl
von eigenen Arbeiten als auch Ergebnissen anderer Wissenschaftlergruppen
möchte ich einen Einblick in die 'Hexenküche' aktueller astrophysikalischer
Forschung geben.
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